Die Ansprüche an Diplomatinnen und Diplomaten des 21. Jahrhunderts sind hoch. Sie müssen im Auftrag Ihrer Heimatländer handeln und auch global denken sowie Verantwortung übernehmen können. Was sind die Chancen und die Herausforderungen, die sich daraus für die Internationale Diplomatenausbildung ergeben?
Lesen Sie dazu ein Interview mit Herrn Patrick Heinz, Referatsleiter der Internationalen Diplomatenausbildung



Patrick Heinz im Gespräch mit Alumni ©AA


Als der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher 1992 den ersten Internationalen Diplomatenlehrgang ins Leben rief, stand dabei die Hilfe beim Aufbau der noch jungen Demokratien in Mittel- und Osteuropa im Mittelpunkt. Inwiefern kann der IDL den veränderten globalen Herausforderungen von heute begegnen?



Der Internationale Diplomatenlehrgang ist unser ältester Lehrgang. Bis 2005 hieß er Lehrgang für Diplomaten aus Mittel- und Osteuropa. In der Tat nahmen aber bereits seit 2005 Diplomaten aus anderen Ländern teil, so dass es nur folgerichtig war, ihn 2006 in Internationalen Diplomatenlehrgang umzubenennen. Heute steht er Bewerberinnen und Bewerbern mit sehr guten Deutschkenntnissen aus der ganzen Welt offen. Er ist mit acht Wochen immer noch unser längster Lehrgang, aber deutlich kürzer als er es mit sechs Monaten in den ersten Jahren war. Heute steht weniger die klassische Ausbildung im Sinne der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten im Vordergrund. Wir laden die jungen Diplomatinnen und Diplomaten ein, gemeinsam mit uns ganz unterschiedliche Facetten der Diplomatie auf der einen Seite und Deutschlands auf der anderen Seite zu erkunden – interaktiv, im Austausch mit Experten aus Theorie und Praxis, auf Studienreisen, Exkursionen und Deutschland-Rallyes. Wichtig sind die Kontakte , die die Teilnehmenden knüpfen , untereinander und mit uns. Daher integrieren wir auch immer zahlreiche Begegnungen mit jungen Deutschen, etwa den kulturweit-Alumni, in unsere Programme. Nur so können wir ein aktuelles, lebendiges Deutschlandbild vermitteln.



Das Auswärtige Amt hat 2014 in einem zwölfmonatigen review-Prozess seine Außenpolitik auf den Prüfstand gestellt . Die Dialogfähigkeit soll gestärkt, der diplomatische Instrumentenkasten erweitert werden. Was bedeutet das konkret für die Internationale Diplomatenausbildung?



Die Internationale Diplomatenausbildung strebt eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich von privat-öffentlichen Partnerschaften an. Dies wird am Beispiel des Global Diplomacy Labs deutlich. Das Global Diplomacy Lab ist als gemeinsames Projekt des Auswärtigen Amtes in Zusammenarbeit mit der Mercator Stiftung, der Robert Bosch-Stiftung und der BMW Stiftung entstanden und wird in dieser Form bereits zum dritten Mal in Folge stattfinden. Darüber hinaus ist der Ausbau eines Strategischen Dialogs mit unternehmensnahen Stiftungen geplant - der Startschuss dazu soll am 30. November 2015 fallen. Ziel ist es zudem, eine noch stärkere Vernetzung mit staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren auf internationaler Ebene zu erreichen.



Das Diplomatenkolleg, das jedes Jahr in Deutschland akkreditierte Jungdiplomaten aus Europa, Zentralasien, Südkaukasus und China zu einlädt, um Deutschland in seiner Vielfältigkeit zu erleben, Gespräche über globale Fragen zu führen und um „Diplomacy by networking“ zu praktizieren, ist zehn Jahre alt geworden. Worin bestehen die Chancen und die Herausforderungen dieses Programms?



Das Diplomatenkolleg wurde von Beginn an berufsbegleitend durchgeführt, die Teilnehmenden sind hauptberuflich an ihren jeweiligen Botschaften in Berlin tätig. Dadurch haben sie eine größere Nähe zu den Ereignissen in Deutschland und bringen ein besseres Grundverständnis mit. Die Einblicke, die ihnen bei dieser Tour d’Horizon durch Deutschland geboten werden, sind folglich umso bedeutender für ihre alltägliche Arbeit. Die jungen Diplomatinnen und Diplomaten gewinnen neue Impulse und kompetente Partner für ihre Arbeit und erweitern gleichzeitig ihre Kooperationsmöglichkeiten, Gestaltungsspielräume und Karrierechancen. Nach Ende des Programms sind die Teilnehmenden des Diplomatenkollegs Teil des Alumni Netzwerks, zu dem bislang über 120 Diplomatinnen und Diplomaten aus 38 Ländern gehören. Bei verschiedenen Veranstaltungen im In- und Ausland haben die Alumni die Gelegenheit, sich und ihre Herkunftsländer vertiefter kennenzulernen und im Sinne einer modernen „Diplomacy by Networking“ Kontakte zu pflegen.

Mit Blick auf zehn intensive, ereignis- und erfolgreiche Jahre zieht sich die Robert Bosch Stiftung nun aus der Förderung des Programms zurück. Das 11. Diplomatenkolleg wird gemeinsam von der Internationalen Diplomatenausbildung des Auswärtigen Amts in Kooperation mit der DGAP fortgesetzt. Dies bietet die Chance bewährte Strukturen neu zu überdenken. Konkret heißt dies unter Anderem, auf die Interessen und Bedürfnisse der Teilnehmenden von Beginn an intensiver einzugehen. Dies kann begünstigt werden durch eine interaktiv angelegte Programmgestaltung mit stärkerem Fokus auf Teambuilding. Neben einer stärkeren Modularisierung ist außerdem auch der Einsatz neuer Formate denkbar. Bedeutend ist und bleibt aber neben der Vermittlung von Inhalten auch der informelle Austausch zwischen den Teilnehmenden. Die Herausforderung wird sein, die hohe Qualität des Programms unter den neuen Rahmenbedingungen weiterhin zu gewährleisten.



Herr Heinz, wir danken für das Gespräch.