Gabriela Bennemann, Leiterin Ref. 610, Förderung von Deutsch als Fremdsprache, Partnerschulinitiative PASCH, © DIHT
  „Über die Fragen „Wie sagt man das im Deutschen?“, und vor allem „Warum sagt man dies so im Deutschen?“ werden Sprache, Kultur und Gesellschaft vermittelt und verstehbar“



Ein Gespräch mit Gabriela Bennemann, Leiterin Ref. 610
Förderung von Deutsch als Fremdsprache, Partnerschulinitiative PASCH


Frau Bennemann, im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die deutsche Sprache aktiv für die Kommunikation in und mit Europa genutzt wird. Durch welche Programme wird dies gefördert?

Das Auswärtige Amt sieht in der Förderung der Deutschen Sprache weltweit ein wesentliches Element der Auswärtigen Bildungspolitik. Es gibt unterschiedliche Programme, je nach Zielgruppe und Region.

Zur Förderung der deutschen Sprache in Europa und in den europäischen Institutionen hat das Auswärtige Amt in Kooperation mit dem Goethe-Institut das Sprachkursprogramm Europanetzwerk Deutsch aufgelegt. Gerade für Tätigkeiten auf der europäischen Ebene ist Mehrsprachigkeit von entscheidender Bedeutung. Das Programm Europanetzwerk Deutsch wendet sich an EU-Bedienstete und Ministerialbeamte aus EU-Partnerländern und Beitrittskandidatenländern sowie Norwegen und Island. Es umfasst sowohl allgemeine als auch fachorientierte Intensivsprachkurse zu politischen und wirtschaftlichen Themen mit anspruchsvollen Begleitprogrammen. In 7- bis 14-tägigen Kursen in Deutschland und teilweise ergänzend in Brüssel können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Deutschkenntnisse vertiefen, sprachliche Verhandlungssicherheit in einzelnen Fachgebieten trainieren und Deutschland näher kennen lernen. Im Rahmen der Kurse begegnen sie Gesprächspartnern aus Politik, Kultur und Wirtschaft, auch Besuche im Auswärtigen Amt sind fester Bestandteil. Die Sprachkursarbeit des Goethe-Instituts im Ausland wird aus dem Haushaltstitel des Auswärtigen Amts gefördert. Die Kurse des GI richten sich hauptsächlich an erwachsene Deutschlerner.

Deutschunterricht für Kinder und Jugendliche wird über die Förderung von Deutschunterricht an Schulen unterstützt. Partner des Auswärtigen Amts sind dabei die Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA), das Goethe-Institut, der DAAD und der Pädagogische Austauschdienst der KMK (PAD). Die 2008 gegründete Initiative Schulen: Partner der Zukunft (PASCH) umfasst heute ein Netzwerk von rd. 2000 Schulen weltweit, mit deutlichem Schwerpunkt in Europa. Im Rahmen von PASCH lernen rd. 600.000 Schülerinnen und Schüler weltweit Deutsch, das entspricht der Schülerzahl des Bundeslands Hessen.

Neben dem Unterricht in den PASCH-Schulen werden weitere 95.000 Schulen mit Deutschunterricht über das Goethe-Institut betreut.

Im Jahr 2015 hat das Netzwerk Deutsch in einem Bericht dargestellt, wie viele Menschen weltweit Deutsch lernen. Was konnte man daraus ablesen und was hat sich inzwischen verändert? In welchen Regionen bzw. Ländern sind heute die meisten Deutschlerner?

Die Datenerhebung 2015 hat aufgezeigt, dass von den 15,4 Mio. Menschen, die weltweit Deutsch lernen, über 60 % in Europa und 20% in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) leben. In vielen Nicht-EU-Staaten wie Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien und der Türkei wie auch in einigen EU-Mitgliedstaaten, z.B. Spanien und den Niederlanden, ist die Nachfrage nach Deutsch im Erhebungszeitraum gestiegen. In den Partnerländern des Weimarer Dreiecks Frankreich und insbesondere Polen, wo Deutsch sehr attraktiv ist, blieb das hohe Niveau stabil. Polen ist aktuell das Land mit den meisten Deutschlernern (über 2,2 Mio.). Im Baltikum und in Skandinavien sehen wir dagegen eher einen Rückgang. Dort konzentriert man sich besonders auf die englische Sprache, eine 2. Fremdsprache ist oftmals nicht Pflicht an den Schulen.

In den Ländern der GUS lernen rd. 3 Millionen Menschen Deutsch, jedoch wies die Erhebung 2015 eine rückläufige Tendenz auf, die auf drei Faktoren zurückzuführen ist: (a) rückläufige demografische Entwicklung, (b) Bildungsreformen mit abnehmendem Fokus auf Fremdsprachen und (c) Förderung der zu Zeiten der Sowjetunion vernachlässigter Nationalsprachen. Mit erfolgreichen Werbemaßnahmen wie z.B. der Kampagne „Deutsch – die erste Zweite“ in Russland sind wir dem Trend begegnet.

Auch außerhalb von Europa ist die Nachfrage nach Deutschunterricht groß, wobei sich Deutsch oft mit Spanisch, Französisch oder asiatischen Sprachen im Wettbewerb behaupten muss. Wichtige Wachstumsregionen für Deutsch als Fremdsprache liegen z.B. in Asien, insb. in Vietnam, Indien, Indonesien und China, in Lateinamerika – hier sind v.a. Brasilien und Mexiko zu nennen - und dem Nahen und Mittleren Osten, wo in fast allen Ländern das Interesse für Deutsch deutlich gestiegen ist. Die Gründe für das Interesse an Deutsch liegen oftmals im Hochschul- und Wirtschaftsstandort Deutschland begründet.

In Afrika hat Deutsch ebenfalls eine starke „Fangemeinde“ v.a. in Namibia, in Kamerun oder auch im Senegal. Ziel vieler junger Afrikaner ist ein Studium an einer deutschen Hochschule. In einigen Ländern südlich der Sahara sind wir noch nicht präsent mit unserer Partnerschulinitiative PASCH. Dies wollen wir in den kommenden Jahren ändern.

Die nächste weltweite Deutschlernererhebung bereiten wir für 2020 vor. Es ist zu erwarten, dass sich der zunehmende Lehrermangel weltweit auch auf die Situation der Fremdsprachen auswirkt. Wir sind bereits mit den Mittlerorganisationen im Gespräch, um mit entsprechenden Maßnahmen, z.B. über die Kooperation mit DAAD-Lektoren oder die Stärkung von Lehrerbildungsinstituten, darauf zu reagieren.

Weltweit gibt es mehr als 1800 PASCH-Schulen. Inwiefern können diese neben sprachlichen Fertigkeiten auch Werte und Kultur unseres Landes transportieren?

Der Fremdsprachenunterricht zeichnet sich dadurch aus, dass er neben der Vermittlung von grammatischen Regeln Inhalte und kommunikative Fähigkeiten vermittelt. Sprache lernen ohne Texte und ohne Dialog – das gibt es nicht.

Goethe-Institut und Zentralstelle für Auslandsschulwesen fördern im Rahmen von PASCH, aber auch darüber hinaus, über Lehrerfortbildung, Schülerwettbewerbe, Sprachcamps, Lehr- und Lernmittel Informationen über Deutschland. Dazu gehören neben der klassischen Landeskunde auch die Werte und die Kommunikationskultur unseres Landes. Über die Fragen „Wie sagt man das im Deutschen?“, und vor allem „Warum sagt man dies so im Deutschen?“ werden Sprache, Kultur und Gesellschaft vermittelt und verstehbar. Hinzu kommt die Begegnung mit „authentischen“ Deutschsprechern, dazu zählen die aus Deutschland an viele PASCH-Schulen entsandten Lehrkräfte, aber auch Freiwillige des Programms „Kulturweit“ oder deutsche Fremdsprachenassistenten, die an Schulen im Ausland den Unterricht unterstützen. Der Pädagogische Austauschdienst vermittelt Schulpartnerschaften, aus denen sich oft ein Schüleraustausch entwickelt. Die Schulen der Partnerschulinitiative PASCH lernen über die Webplattform www.pasch-net.de in einer weltweiten Lerngemeinschaft. Lehrer tauschen sich über best practice aus, Schülerblogs, Chats und auch gemeinsame Projekte entstehen über Grenzen, auch über Kontinente hinweg. Und alle kommunizieren auf Deutsch!

All diese Aspekte des täglichen Schullebens führen dazu, dass die Schülerinnen und Schüler im Deutschunterricht ein umfassendes Deutschlandbild erhalten und eine Bindung zu Deutschland aufbauen, die im Idealfall zu einem Studium an einer deutschen Hochschule oder auch zu einer beruflichen Karriere in einem deutschen Unternehmen führt.

Im kommenden Jahr werden wir das Jubiläum „10 Jahre PASCH“ in den Schulen weltweit und auch in Deutschland feiern. Ich freue mich bereits auf die Begegnung mit vielen Schülerinnen und Schülern der PASCH-Schulen und auf ihre Berichte und Erfahrungen. Auch nach 10 Jahren können wir unsere Partnerschulinitiative immer noch besser gestalten!

Vielen Dank für das Gespräch!