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Deutschland und die Blauhelme
von Moritz Brake




Moritz Brake ist Marineoffizier, ehemaliger Blauhelmsoldat und promoviert am Department of War Studies am King’s College London



»Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Die so für Deutschland im Grundgesetz formulierte Überzeugung ist Kern und Ursprung aller anderen Prinzipien, die unsere Gesellschaft – aber auch alle Demokratien und die Vereinten Nationen tragen. Hier ist auch nicht die Rede von der Würde allein deutscher oder europäischer Menschen. Es geht um mehr: Die Menschenwürde umfasst alle Menschen, egal wo sie leben, oder welchen Pass sie besitzen. Ich als Soldat der Bundeswehr habe einen Eid geschworen, »das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.« Nicht einfach »das deutsche Volk« oder irgendein Territorium, sondern »Recht und Freiheit« dieses Volkes. Dessen Freiheit und Recht sind aber ohne allgemeine Menschenwürde nicht denkbar. Damit habe ich als deutscher Soldat einen Eid geleistet, der zwar von einem territorial begrenzten Staat eingefordert wird, aber in Konsequenz seiner Wertebasis keine Grenzen und Unterschiede zwischen Menschen kennt.

So wenig, wie sich nun Deutschland aus der Verantwortung ziehen kann, wenn Menschen jenseits der eigenen Staatsgrenzen leiden und drangsaliert werden, ist es auch als Soldat der Bundeswehr meine Pflicht, die Würde aller Menschen zu achten und zu schützen – gleich welcher Nationalität. Aus diesem Grund kann weder Deutschland Macht- und Interessenspolitik auf Kosten Anderer betreiben, noch ich mich als Soldat der Bundeswehr einfach auf Befehl und Gehorsam berufen, wenn ich in einen bewaffneten Einsatz gehe: Beides, mein Einsatz im Kleinen, wie Außenpolitik im Großen, muss aus Überzeugung in Achtung und zum Schutz der Würde der Allgemeinheit geschehen. Und meine persönliche Erfahrung als Blauhelmsoldat (UNIFIL 2007) und zwei weiteren bewaffneten Auslandseinsätzen mit UN-Mandat für die Europäische Union (EU ATALANTA 2010 und 2011), bestätigt, dass wir – als Staat und als Soldaten – uns daran halten. Ich bin, ganz wie Helmut Schmidt es einstmals der Bundeswehr versprach, als Soldat von diesem Staat nicht missbraucht worden. Dort, wo ich im Einsatz war, vor der Küste des Libanons und bei der Bekämpfung somalischer Piraterie, war ich im glaubwürdigen und greifbaren Interesse der Menschen vor Ort; für deren Schutz und unsere gemeinsamen Überzeugungen. Während beispielsweise in Somalia in der Hochphase der dortigen Piraterie vielleicht 10.000 Menschen daran verdient haben, haben die 10.000.000 übrigen Bürgerinnen und Bürger des Landes unter den Folgen gelitten: Gewalt, Korruption, weiterer wirtschaftlicher und staatlicher Verfall. Die Kosten durch Piraterie für die reichen Industriestaaten waren nie annähernd hoch genug, um damit eine militärische Intervention zu rechtfertigen – Schwankungen im globalen Ölpreis treffen die maritime Wirtschaft finanziell regelmäßig härter. Es war die eskalierende Gefahr für die Menschen in der Region und die Opfer auf See, die ein internationales Eingreifen gegen somalische Piraterie nötiger machte als alles andere. Wir wurden vor Ort von somalischen Fischern angefleht, sie von den Piraten zu befreien. Ich habe so als Soldat erfahren, dass ich diesem Staat, seinen Motiven und seinem Handeln vertrauen kann – mit meinem Leben und meinem Gewissen.

Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Deutschland in dieser Rolle als »neu« in unserer eigenen Geschichte, aber auch »neu« im Vergleich zum leider immer noch weit verbreiteten nationalistischen »ich zuerst«-Verhalten vieler anderer Nationen – als Reflective Power. So sieht er in seinem Foreign Affairs-Artikel aus dem Juli 2016, damals noch Außenminister, Deutschland als verantwortlich nachdenklichen Akteur im Bewusstsein der eigenen Geschichte und auf Basis unserer Werte, sowie unter Berücksichtung der Wirkung des eigenen Handelns auf Andere.

Es reicht eben nicht, einfach nur selbst die reinste Lehre der Gewaltlosigkeit zu leben, so lange skrupellose Machthaber weiterhin Waffengewalt einsetzen um ihre Ziele auf Kosten Schwächerer durchzusetzen. Steinmeier beschreibt unseren Umgang mit diesem Dilemma pointiert: »Die Deutschen glauben nicht, dass sich jedes Problem am Verhandlungstisch lösen lässt, dass dies mit Schießen gelingen soll, allerdings auch nicht.«

Wenn wir aber als Deutschland mit diesem Dilemma, das auch Willy Brandt gut kannte und in seine berühmte Formel – »Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts« – brachte, offen umgehen, dann heißt das auch, dass es zwar weder Krieg aber auch keinen Frieden um jeden Preis geben kann. Bei gleichzeitiger Vermeidung des großen menschheitsvernichtenden Krieges und unter gewissenhafter Abwägung der Risiken und leidvollen Folgen einer gewaltsamen Intervention – vor allem für die Menschen vor Ort, kann man verantwortlich dennoch zu dem Ergebnis kommen, dass bei der Bekämpfung von Gewalt und Unterdrückung im schlimmsten Fall friedliche Mittel allein nicht ausreichen.

Unsere Demokratie ist ohne universelle Wertebasis nicht denkbar, gleichzeitig macht Deutschlands Handeln und Unterlassen in der Welt einen Unterschied – wir sind nicht bedeutungslos, stehen nicht am Spielfeldrand des Weltgeschehens. Wir können also unsere Verantwortung zu Achtung und Schutz der Menschenwürde nicht einfach auf den kleinen Teil der Welt beschränken, der sich innerhalb unserer Staatsgrenzen befindet, oder von unseren Partnern und Verbündeten bewohnt wird. Wenn Deutschland aber diese universelle Verantwortung ernst nimmt, dann sind es nicht nur NATO und Europäische Union, in denen wir wirken und durch die wir gestalten müssen, sondern dann sind es in aller erster Linie die Vereinten Nationen. Damit ist keine Konkurrenz zwischen diesen Institutionen gemeint. Die Vereinten Nationen sind dabei eher das, was Winston Churchill einmal als den gemeinsamen Tempelbau der gesamten Humanität beschrieb, während die verantwortungsvollen Staaten und ihre Zusammenschlüsse – wie NATO und EU – diejenigen sind, die diesen Bau nach Kräften unter seinem Dach ausführen und stützen. Ein wesentlicher Pfeiler der Friedensstiftenden Rolle der UN sind dabei deren Blauhelme, auch »Peacekeeper« genannt. Sie sind – mehr als es jede »Koalition der Willigen« je sein kann – der bewaffnete Arm der gesamten Menschheit.

Mit dem Ende der reinen Fokussierung auf den Ost-West-Konflikt öffnete sich Deutschland für eine aktive Beteiligung an Blauhelmeinsätzen. 1992 in Kambodscha stellte die Bundeswehr Sanitätspersonal, 1994 in Somalia das erste Mal bewaffnete Kräfte – die allerdings nur zur Absicherung der Nahrungsmittelverteilung gedacht waren. Im Jahr 2006 übernahm Deutschland die Führung des maritimen Anteils der Blauhelmmission UNIFIL zur Durchsetzung des Waffenembargos gegen die Hisbollah im Libanon, seit 2014 die Beteiligung am UN-Einsatz in Mali – allerdings vorerst nur mit Logistik- und Ausbildungsbeiträgen, ab Januar 2016 dann auch mit Soldaten, die direkt im umkämpften Norden eingesetzt werden.



Blauer Helm mit dem Logo der Vereinten Nationen für UN-Blauhelmeinsätze © picture alliance

Die bisherigen »scharfen« Kampfeinsätze der Bundeswehr liefen allesamt außerhalb von Blauhelmmissionen. Zwar sind solche aktiv in Kampfhandlungen eingreifende UN-Missionen ohnehin eine jüngere Entwicklung und – auch weil sie sehr kritisch gesehen werden – eher eine Seltenheit, aber Deutschland fügt sich damit offenbar in einen internationalen Trend ein: Wenn »heiß« gekämpft werden soll, macht man das lieber nicht unter Kommando der Vereinten Nationen. Die Fragen, die dies aufwirft, sind vielfältig: Liegt es daran, dass – im Gegensatz zu NATO-, EU- oder genuin nationalen Missionen – bei den UN zu viele Akteure mit im Spiel sind, zu wenig standardisiert und verlässlich ist, Geheimhaltung und Vertrauen Grenzen kennen oder institutionelle und kulturelle Barrieren überhand nehmen? Spricht man mit Insidern, so steckt ein wenig von Allem darin. Es spricht auch grundsätzlich einiges dafür, den neutralen Ruf der UN-Blauhelme nicht dadurch zu erodieren, dass man sie aktiv Partei in einem Konflikt ergreifen lässt – diese also im Extremfall bisweilen notwendige »Vorarbeit« anderen »Auftragnehmern«, also NATO, EU oder nationalen Akteuren überlässt. Andererseits ist unbestreitbar, dass die UN immer dann ohnehin Partei in einem Konflikt sind, wenn es um gravierende Menschenrechtsverletzungen geht. Somit steht auch die Blauhelm-Interventions-Brigade in der Demokratischen Republik Kongo nicht im Widerspruch zur ursprünglichen Idee oder UN Charta: In ihr kämpfen Blauhelme, die von Südafrika, Tansania und Malawi gestellt werden, aktiv gegen Rebellengruppen um Zivilisten zu schützen. Sah man sich kämpfende Blauhelme in der Vergangenheit aber einmal genauer an, fiel eines über Jahre auf: Bundeswehrsoldaten fand man darunter nicht. Das allerdings hat sich mit dem seit 2016 – und noch stärker in diesem Jahr – gestiegenen Engagement der Bundesrepublik in Mali geändert. Tragischerweise haben dabei jüngst auch zwei deutsche Hubschrauberpiloten ihr Leben gelassen.

Es geht nun keinesfalls darum, sozusagen aus falsch verstandener »fairer Lastenverteilung«, einen größeren Beitrag Deutschlands zum riskanten »scharfen Ende« des UN-Peacekeepings nach der Art zu fordern: Mehr »boots on the ground« und damit auch mehr eigene Opfer. Vielmehr geht es darum, dass die großen Opfer, die viele Blauhelme aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt bringen, einerseits durch bessere Ausbildung und Ausrüstung oft vermeidbar wären, und andererseits einen nachhaltigeren Nutzen erreichen würden, wenn die politische Flankierung ihrer Missionen besser wäre. Blauhelmmissionen mangelt es schlichtweg oft an Luftunterstützung – einschließlich funktionierender Rettungsketten für Verwundete. Außerdem werden ihre Missionen und Ziele regelmäßig von lokalen Machthabern an den Rand gedrängt, wenn sich die großen internationalen Akteure – wie auch Deutschland – nur um die Finanzierung und wenig um die tägliche Umsetzung kümmern. Zusätzlich besteht die Gefahr bei großen regionalen Beiträgen zu UN-Missionen, dass sie für machtpolitische Interessen rivalisierender Nachbarstaaten missbraucht werden. Diese Gefahren würden allesamt reduziert oder ausgeräumt, wenn sich die mächtigen Demokratien stärker mit eigenem Personal in den Missionen engagierten. Nicht nur sind die Ausbildungsstandards dort höher, es stehen auch die dringend benötigten Mittel zur Verfügung, die den vielfach bereits vorhandenen »boots on the ground« erst echte Schlagkraft verleihen können. Auch kann beispielsweise Deutschland und die EU bei der Begleitung eines Blauhelmeinsatzes ganz anderes diplomatisches Gewicht in die Waagschale werfen, als es das UN-Sekretariat auf sich alleingestellt vermag.

Die Probleme der Welt oder der UN würden aber nicht dadurch gelöst, dass schlagartig Deutschland und seine demokratischen Partner Tausende von Blauhelmsoldaten selbst in die Missionen entsandten. Es wäre aber mehr als nur ein wichtiges Signal, wenn Peacekeeping-Missionen nicht zur überwältigenden Mehrheit von Soldatinnen und Soldaten wirtschaftlich – und oft auch politisch – schwacher Länder bestückt würden, die dann bei geringer öffentlicher und politischer Beachtung von den reicheren Ländern finanziert werden.

Stellt man etwa die Beiträge Deutschlands, Frankreichs und Bangladeschs exemplarisch gegenüber, wird deutlich, wie ungleich verteilt die Lasten sind. So stellte Bangladesch – traditionell seit Jahren mit großen Blauhelm-Kontingenten engagiert – im August 2017 mit 7.636 Soldaten aktuell mehr als zehn Mal so viele Soldaten wie Deutschland mit seinen 757 Blauhelmen. Deutschland und Frankreich hingegen halten sich seit den Erfahrungen auf dem Balkan der 90er Jahre bei Blauhelmeinsätzen stärker zurück. Dabei ist Frankreich grundsätzlich aber noch viel eher bereit, auch mit großen, schlagkräftigen Kontingenten selbst Missionen mit zu gestalten. Im Gegenzug finanziert Deutschland allerdings als viertgrößter Beitragszahler in erheblichem Maß eben jene Blauhelmmissionen, die dann vor allem von Soldaten aus ärmeren Ländern bemannt werden.

Deren Militärs haben diese finanziellen Beiträge mittlerweile als regelrechtes »Geschäftsmodell« zur Finanzierung ihrer sonst eher klammen Wehretats einkalkuliert. Denn die UN vergütet dem jeweiligen Staat den Einsatz seiner Soldaten pauschal mit etwas über 1.300 Dollar pro Monat und pro Kopf, die dann tatsächlich als Besoldung an den einzelnen Soldaten ausgezahlte Summe liegt dann aber allein im Ermessen des Truppenstellers. Im Falle der Streitkräfte Bangladeschs liegt diese monatlich unter 500 Dollar – für einen Oberst!

Anders als etwa bei der NATO, wo Truppenteile ihre Einsatzbereitschaft anhand einheitlicher Standards nachweisen müssen, gibt es bei den Blauhelmen zudem keine verbindliche Qualitätssicherung. Das Resultat sind oft schlecht ausgebildete und ausgerüstete Kontingente, die unter dem blauen UN-Überzug nur die alten Stahlhelme tragen, die ihnen ihre Nationen mitgeben. Bei Waffen und Fahrzeugen verhält es sich weitgehend genauso. Die damit oft verbundenen Missstände führen dann dazu, dass diese Soldaten, die im Sinne auch deutscher und europäischer Werte im Einsatz sind, nur dürftig geschützt sind und unnötig hohe Verluste beklagen müssen, die zudem öffentlich auch noch wenig beachtet werden. So sind allein im letzten Jahr weltweit mehr als doppelt so viele Blauhelme ums Leben gekommen, als die Bundeswehr in über fünfzehn Jahren Einsatz in Afghanistan insgesamt an gefallenen Soldaten zu beklagen hatte. Jeder Soldat der Bundeswehr genießt als Staatsbürger in Uniform den Schutz des Wehrbeauftragten, eines Beschwerderechts, funktionierender kritischer Medien, die Rückendeckung des sie oder ihn entsendenden Bundestages und der breiten Mehrheit seiner Mitbürger. Viele dieser deutschen Selbstverständlichkeiten sind im internationalen Vergleich oft genug Alleinstellungsmerkmale, um die auch die Kameraden verbündeter Streitkräfte uns deutsche Soldaten beneiden. Bei Blauhelmkontingenten, insbesondere, da kaum ein Drittel der UN-Mitgliedsstaaten überhaupt als Demokratien bezeichnet werden kann, klafft nicht nur die wirtschaftliche Situation der individuellen Blauhelme weit auseinander, sondern auch ihre eigenen Rechte und Rechtsauffassungen bei der Gewaltanwendung.



Foto: Flagge der Vereinten Nationen UNO ©picture alliance

Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht sogar erstaunlich, dass die Arbeit der Blauhelme seit Jahren überwiegend – bei allen Rückschlägen und eigenen Opfern – positive Ergebnisse zeitigt. Nicht nur erfährt die lokale Bevölkerung ihren Einsatz meist als wertvoll und als letzte Hoffnung auf Befriedung, auch die jeweiligen Soldaten nehmen positive Erfahrungen mit nach Hause. Das muss aber nicht grundsätzlich immer gelten. Während mich meine eigenen Einsatzerfahrungen positiv prägen, gibt es viele Kameraden aus unterschiedlichsten Ländern, die beispielsweise hilflos in Ruanda oder auf dem Balkan mit ansehen mussten, wie sie wehrlose Menschen nicht vor Gewalt und Tod schützen konnten. Auch die bereits erwähnte UN-Mission im Kongo – MONUSCO – konnte zwar gegen einige Rebellengruppen erfolgreich vorgehen, muss dabei aber mit Regierungstruppen kooperieren, die selbst aller Wahrscheinlichkeit nach im letzten Jahr für mehr Kriegsverbrechen verantwortlich waren, als alle Rebellen zusammen. Gerade in solchen Spannungsfeldern würde es immens helfen, wenn mit Blauhelmen aus den großen Demokratien auch deren machtvolle Parlamente und Öffentlichkeiten in diesen Einsätzen aufmerksam präsent wären. So allerdings bleibt mit MONUSCO die größte der aktuellen Blauhelmmissionen von der deutschen Öffentlichkeit nahezu unbeachtet.

Es geht also nicht darum, einfach mehr deutsche Blauhelme einzusetzen, oder mehr Geld in die Hand zu nehmen. Die deutsche Verantwortung für Blauhelmmissionen muss vor allem dahin gehen, dass die Bundesrepublik sich mehr einmischt. Ein einfacher Weg dahin wäre auch mehr personelle Präsenz. Es würde dabei vermutlich nicht einmal unangenehm aufgenommen, wenn man sich weitgehend auf wenig personalintensive Spezialfähigkeiten beschränkte. Denn genau daran mangelt es am dringendsten: Experten, die Einsatzlogistik organisieren, hochqualifizierte Ausbilder, Mediziner sowie Piloten und IT-Fachleute. Die Ausrüstung, die überall knapp ist, fehlt aber vor allem auch bei Blauhelmeinsätzen: Hubschrauber, Flugzeuge und Drohnen. Es ist übrigens ein praktisches Hindernis für mehr deutsche personelle Teilhabe und Präsenz in höheren Organisationsebenen des UN-Peacekeeping, dass für die dafür notwendigen offenen Auswahlverfahren, deutsche Bewerber oft keine oder zu wenig Erfahrung aus niedrigeren Verantwortungsebenen bei UN-Einsätzen mitbringen: Sie hatten schlichtweg keine Chance, als Blauhelme zu dienen, wenn die Bundesrepublik über Jahre nur äußerst kleine Kontingente bereitstellte. Wenn Deutschland sich also aus gutem Grund und Überzeugung in der Verantwortung sieht, mehr in der Welt zu gestalten, dann führt einer der besten Wege dazu über die Vereinten Nationen. Dieser Weg wird aber dadurch behindert, dass sich Deutschland über Jahre in Blauhelmeinsätzen personell zurückgehalten hat. Mit dem gewachsenen Engagement in Mali sieht es zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren wieder etwas anders aus. Als Soldat und Staatsbürger in Uniform wünsche ich mir, dass dieser Weg weiter und noch konsequenter beschritten wird.

Autor: Moritz Brake ist Marineoffizier, ehemaliger Blauhelmsoldat und promoviert am Department of War Studies am King’s College London

Aktuell veröffentlicht: "Deutschland und die Blauhelme" - ADLAS 02/2017 https://adlasmagazin.files.wordpress.com/2017/12/adlas_02_20171.pdf