Mit deutscher Technik der Entstehungsgeschichte des Sonnensystems auf der Spur: Die erste Landung einer Sonde auf einem Kometen ist für Europa eine Premiere in der Geschichte der Raumfahrt: Am 12. November 2014 trennte sich das Landegerät Philae von seinem „Mutterschiff“, dem Orbiter Rosetta und ist auf dem Kometen 67/P Tschurjumow-Gerasimenko gelandet. Die deutschen Beiträge zur weltweit beachteten Mission wurden im Rahmen der Technologiepolitik der Bundesregierung gefördert.

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Deutsche Spitzentechnologie und europäische Exzellenzforschung:
die „Rosetta-Mission“




Die „Rosetta-Mission“ ist eines der spektakulärsten und ambitioniertesten Projekte der europäischen Raumfahrt. Erstmals wollen die Europäer auf einem Kometen landen, der 4,6 Milliarden Jahre alte Urmaterie beherbergen soll.

Das Projekt wurde im Jahr 1993 von der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) ins Leben gerufen. Die 1975 gegründete Europäische Weltraumagentur ESA hat 20 Mitgliedstaaten. Ihre Aufgabe als zwischenstaatliche Organisation ist die Koordinierung und Stärkung europäischer ziviler Weltraumaktivitäten. Sie führt das europäische Raumfahrtprogramm durch. Dabei sollen Erkenntnisse über die Erde, ihre unmittelbare Umgebung und unser Sonnensystem gewonnen werden.

An der Rosetta-Mission sind über 3000 Wissenschaftler in ganz Europa beteiligt. Neben Deutschland leistet Frankreich den größten Beitrag: an acht von elf der wissenschaftlichen Instrumente der Landeeinheit „philae“ waren französische Teams beteiligt. Zusammen mit Frankreich ist Deutschland der größte Geldgeber für die Rosetta-Mission, deren Gesamtkosten bei fast 1,3 Milliarden Euro liegen.

Als die Weltraumsonde „Rosetta“ 2004 vom französischen Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guyana) ihre Reise startete, sollte sie über 10 Jahre unterwegs sein, um dann im August 2014 den Kometen 67P/Tschurjumow zu erreichen. Dieser wurde nach den beiden ukrainischen Wissenschaftlern benannt, die ihn 1969 entdeckten.

Im November 2014 wurde auf der Kometenoberfläche der Landeroboter „Philae“ abgesetzt, der den Kometen mit verschiedenen Messgeräten untersucht.

Die Bilder des Kometen zeigen eine bizarr strukturierte Oberfläche. Der Komet, der nahezu von einer dunklen Schicht aus kohlenstoffhaltigen Substanzen bedeckt ist, ist überraschend hart. Eine in Berlin-Adlershof entwickelte Thermalsonde konnte nicht in den Untergrund eindringen. An anderen Stellen weist die Oberfläche teils steile Klippen, teils Krater und auch glatte Flächen auf. Es werden 19 verschiedene Regionen auf dem Planeten unterschieden, die wie die Mission selber nach ägyptischen Gottheiten benannt wurden.

Über das Zustandekommen der ungewöhnlichen Form des Kometen zerbrechen sich indes die Wissenschaftler die Köpfe: er scheint aus zwei unterschiedlich großen Körpern zu bestehen, die miteinander verbunden sind. Neuesten Vermutungen zufolge könnte der Ausstoß von Gasen zu dieser Form geführt haben. Die jüngsten Beobachtungen zeigen außerdem, dass der Komet auch immer aktiver wird. Seinen sonnennächsten Punkt wird „Tschuri“ voraussichtlich am 13. August erreichen. Rosetta wird dann live dabei sein.




Deutsche Beteiligung liefert den wichtigsten Beitrag



Das Deutsche Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) hat sich maßgeblich an der Rosetta-Mission beteiligt, und zwar sowohl beim Instrumentenbau als auch bei industriellen Beiträgen für das Landemodul Philae, das seismografische Untersuchungen des Kometenkerns sowie Oberflächenstruktur und Temperaturprofil erforschen soll. Die Forschungsbereiche des DLR reichen von der Grundlagenforschung zur innovativen Anwendung und Techniken von morgen. Ziel der Luftfahrtforschung des DLR ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der nationalen und europäischen Luftfahrtindustrie zu stärken. Die deutschen Aktivitäten in der Weltraumforschung reichen von Experimenten in Schwerelosigkeit, über die Erforschung anderer Planeten bis zur Umweltbeobachtung aus dem All. In der Energieforschung arbeitet das DLR an hocheffizienten und kohlendioxidarmen Stromerzeugungsprozessen.

Dementsprechend trägt das im DLR gewonnene know-how zur Stärkung des Industrie- und Technologiestandortes Deutschland bei. Es zählt etwa 7700 MitarbeiterInnen. Neben 16 deutschen Standorten und Forschungseinrichtungen, gibt es Verbindungsbüros in Paris, Brüssel, Washington und Tokio. Das Büro in Paris begleitet u.a. die Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen in Frankreich sowie die Interessenvertretung in der ESA. Die deutsche Behörde kooperiert weltweit mit allen namhaften Raumfahrtagenturen. Schwerpunkte sind auch Projekte in Zusammenarbeit mit der ESA und den VN.

Das DLR betreut für die VN schwerpunktmäßige Themengebiete, welche im Weltraumbüro in Wien (OOSA) sowie dem dazugehörigen Weltraumausschuss (COPUOS) mit dem wissenschaftlich-technischen und dem rechtlichen Unterausschuss behandelt werden. Das Auswärtige Amt bzw. die Ständige Vertretung in Wien stehen den deutschen Delegationen in den COPUOS Ausschüssen vor. Außerdem engagiert sich das deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum bei gemeinsamen Projekten der ESA und EU. Das Referat 405 ist im Auswärtigen Amt für Fragen der Weltraumforschung zuständig und pflegt gute Kontakte zu den Stabstellen des Vorstands des DLR. Der derzeitige Referatsleiter Stephan Röken ist ex officio Mitglied des DLR-Senats.



Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums, Johann-Dietrich Wörner, der ab dem 1.7.2015 Chef der ESA wird und damit den jetzigen Generaldirektor Dordain ablöst, betonte in einem Gespräch mit der ARD am 16.1.2015 dass die deutsche Raumfahrt unverzichtbar sei. Es sei bereits entschieden, dass nach Alexander Gerst wieder ein Astronaut deutscher Nationalität ins All geschickt werde, um von dort aus wichtige Experimente z.B. im Bereich der Medizintechnik und der alternativen Energiegewinnung durchzuführen.

Energie ist eine wichtige und begrenzte Ressource, die effizient eingesetzt werden muss. Das deutsche WiSe-Net-Experiment (Wireless Sensor-NETwork), das Alexander Gerst auf der Raumstation durchführte, sammelt über kabellose WLAN-Sensoren wichtige Daten wie Umgebungstemperatur, Luftdruck, Beschleunigung und Intensität des Lichts, die in der Umgebung erfasst werden. Aus diesen Energiequellen kann man kleine Strommengen für mobile Geräte mit geringer Leistung gewinnen. Mit den Informationen, die die kleinen Sensoren liefern, ließe sich in Zukunft auch der Energieverbrauch auf der Erde senken. Die beiden wichtigsten Ministerien für Fragen der Raumfahrt sind das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Aus den Haushalten der beiden Ministerien werden die Raumfahrtaktivitäten finanziert.

“Es ist mir ein großes Anliegen“, betonte Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, in dem Grußwort zur Luftfahrtstrategie der Bundesregierung, „dass die Weltraumraumindustrie an ihren ehrgeizigen Zielen für Forschung und Entwicklung festhält, um ihre Technologieführerschaft weiter auszubauen“. Deutschland werde auch in Zukunft, so Gabriel, gezielt auf das erfolgreiche Zusammenspiel von Systemführer, Zulieferer und Wissenschaft setzen.

Raumfahrt ist ein Schlüssel für die Lösung globaler Herausforderungen. Raumfahrt schützt die Umwelt, schafft Wissen und Sicherheit. Sie ermöglicht Kommunikation und Technologie und fördert Mobilität. Die im All gewonnenen Erkenntnisse prägen wichtige Entscheidungen in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Raumfahrt ist zu einem festen Bestandteil unseres Alltags geworden. Deutschland gehört in der Raumfahrt zur Weltspitze. Die deutsche Raumfahrtindustrie verfügt gemeinsam mit Forschung und Wissenschaft über weltweit anerkannte Kompetenzen und Technologien. Wichtige Programme der Europäischen Weltraumorganisation stehen unter deutscher Systemführung und sind auch für internationale Kooperationsvorhaben gefragte Partner.

Quelle: Rundbriefredaktion Rechte: cc-by-nc-nd